Ein Tag für Klartext, Kontinuität – und Kontrolle
Am 12. Juni 2025 versammelten sich IT-Verantwortliche, Geschäftsführer und Entscheider in der PreZero Arena in Sinsheim. Der IT-Security-Tag 2025, organisiert von Enginsight und Partnern, stand unter dem Leitmotiv „Fremdbestimmt oder digital souverän?“ – eine Frage, die angesichts globaler Unsicherheiten, geopolitischer Spannungen und wachsender Cyberbedrohungen dringender denn je ist.
Von der Eröffnung durch Mark Semmler bis zur abschließenden Diskussion wurde eines deutlich: Digitale Souveränität ist keine Theorie mehr – sie ist Pflicht.
Ein Reality-Check mit Mark Semmler: „Viele haben nicht mal das Seepferdchen“
Mark Semmler eröffnete den Tag mit einem gewohnt provokanten Reality-Check:
„Digitale Souveränität ist wie ein Schwimmabzeichen – viele Unternehmen haben noch nicht mal das Seepferdchen.“
Er warnte vor Selbsttäuschung und appellierte an Unternehmen, Infrastruktur als Betriebsmittel zu verstehen – strategisch geplant, aktiv gepflegt und regelmäßig überprüft. Semmler kritisierte fehlende Wiederanlaufpläne, mangelndes Verständnis zwischen IT und Geschäftsführung und eine gefährliche Trägheit in der Praxis. Wer Cloud-Services blind vertraut, so Semmler, „hat die Verantwortung schon abgegeben“.
Seine Botschaft:
„Wenn ihr keine MTAs (maximal tolerierbare Ausfallzeiten) definiert habt, habt ihr keine Kontrolle. Punkt.“
- Kompletter Vortrag



Zwischen Russland, Ransomware & Realität: Lagebild von Hans-Wilhelm Dünn
Hans-Wilhelm Dünn, Präsident des Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V., untermauerte das Sicherheitsrisiko mit aktuellen Fakten:
„Cyberkriminalität kostet weltweit jährlich über 10 Billionen Dollar – und Deutschland ist nicht vorbereitet.“
Er zeichnete ein Bild massiver Abhängigkeiten von US-amerikanischen Cloud- und Infrastrukturanbietern, warnte vor KI-gestützten Angriffen und betonte:
„Es ist nicht die Frage, ob etwas passiert – sondern wann.“
Mit Beispielen aus Klinikverbünden, Stadtwerken und der Industrie machte Dünn deutlich, wie real die Bedrohung ist – und wie viele Unternehmen weder Notfallpläne noch Recovery-Konzepte haben
- Kompletter Vortrag
Thomas Ehrlich (LANCOM): „Wir müssen es auch selbst machen wollen“
Thomas Ehrlich brachte das Thema souveräne Infrastruktur auf die praktische Ebene:
„Es geht nicht darum, alles selbst zu machen – aber wir müssen es auch selbst machen können.“
Mit Beispielen aus der Praxis zeigte er, wie ein deutsches Netzwerk-Ökosystem aussehen kann – mit Firewalls, Betriebssystemen und Management-Tools aus europäischer Hand. Dabei betonte er die Rolle von Features, Usability und Sicherheitszertifizierungen als Wettbewerbsvorteil:
„Engineering made in Germany – mit Verantwortung und ohne Abhängigkeit.“Thomas Ehrlich

Polizei trifft Praxis: Live-Einblicke von Hagen Strempel (LKA RLP)
Hagen Strempel vom LKA Rheinland-Pfalz legte den Finger in die Wunde der Wirtschaft:
„Jeder hat einen Notfallplan für Feuer – aber kaum einer für Ransomware.“
Er schilderte, wie schnell Systeme lahmgelegt werden, was Angreifer heute leisten – und wie wenig Unternehmen vorbereitet sind. Besonders eindrucksvoll:
Ein realer Fall, bei dem das Opfer zwei Wochen lang die eigenen Verantwortlichen nicht identifizieren konnte
Hacker, die KI-generierte Deepfake-Anrufe mit Drohungen starten
Unternehmen, die lieber alles abreißen und neu bauen, als eine kaputte Infrastruktur zu reparieren
Sein Appell: „Lasst uns lieber proaktiv kennenlernen – als im Krisenfall.“
Max Tarantik (CTO Enginsight): Zwischen Angst und Aufbruch
Enginsight-Mitgründer Max Tarantik rundete den Tag mit einem emotionalen und inspirierenden Beitrag ab. Sein Fazit:
„Cybersicherheit ist kein technisches Problem – es ist ein menschliches.“
Er machte deutlich, wie gefährlich kognitive Verzerrungen sind („uns passiert schon nichts“, „die IT wird das schon richten“) und forderte eine neue Haltung:
• Sichtbarkeit von Risiken schaffen
• Verantwortung über alle Abteilungen hinweg denken
• Konkrete Maßnahmen statt Buzzwords
Er erinnerte daran, dass der Schutz unserer Lebensweise beginnt mit:
• Sichtbarkeit
• Klarheit
• Kontrolle
Sein Schlusssatz hallte nach:
„Die Frage ist nicht, ob wir sicher sind – sondern ob wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.“

Fazit & Handlungsempfehlungen: Digitale Souveränität beginnt im Alltag
Der IT-Security-Tag 2025 war mehr als eine Veranstaltung – er war ein Weckruf.
Was bleibt?
- Souveränität beginnt mit Redundanz, Recovery und Realitätssinn
- Kommunikation zwischen IT & Geschäftsführung ist Pflicht
- Security ist eine Führungsaufgabe
- Externe Abhängigkeiten müssen reduziert, Alternativen evaluiert werden